Psychotherapie

Raidho Healing Horses in der Psychotherapie


Die Urkraft und die Faszination, die das Pferd im Menschen auslösen kann, setze ich in meiner Praxis für Psychotherapie nach dem Heilpraktiker Gesetz planvoll und aktivierend ein. Therapiehund Timmy und Therapiepferd Capitano können im psychotherapeutischen Prozess als Beziehungspartner einen heilenden Effekt in Gang setzen.

Als Psychotherapeutin nach dem Heilpraktiker Gesetzt bin ich im Laufe meiner langjährigen Tätigkeit immer wieder an Grenzen gestoßen, die nach Lösungen suchten. Es gab einige Klienten für die ich neue Lösungen benötigte, aufgrund von Abwehrmechanismen oder der Ich-Struktur des Klienten. Schon lange hörte ich den Ruf der Pferde, bevor ich in die klare Absicht und Umsetzung ging. Nach einigen "interessanten" Umwegen kam, durch die Empfehlung von Abbas Schirmohammadi (Paracelsus Magazin), Alexandra Rieger von Raidho Healing Horses, in mein Leben.

Mir war klar, wenn ein Mensch seine Intentionen und Gefühle, sowie seine Grenzen, nicht nur mit Worten und Technik, sondern auch körperlich ausdrücken und wahrnehmen kann, hat er die Chance auf eine Transformation. Es war somit wichtig für mich, dass meine Klienten, Körper, Geist und Seele in allen Zellen, in Einklang bringen können. Somit in ihren Kern des "Ich bin Ich" zurückkehren und damit die Chance haben, sich selbst und ihre Umwelt in einem neuen Universum wahrzunehmen. Mir war klar, dass diese neue Erkenntnis, wieder im eigenen Kern sein zu dürfen und sich zu erleben, auf allen Ebenen "verankert" werden muss, damit sie dem ICH wirklich zur Verfügung stehen.

Timmy mein Therapiehund und meine vielfältigen Methoden halfen mir über die Jahre, doch ich fühlte das Pferde für diesen Prozess geniale Partner sein können. Der Ruf der Pferde vermittelte mir, dass sie von Natur aus sehr freundliche und dem Menschen zugewandte Wesen sind. Gleichzeit sind sie völlig autonom und vom Mensch nur sehr bedingt abhängig. Ich fühlte förmlich die Urkraft dieser heilenden Wesen, wenn sie ihren Grundbedürfnissen entsprechend gehalten werden. Dann können sie direkt und unmittelbar die Seele des Menschen spiegeln. 

Dabei darf man den Aspekt nicht übersehen, dass Pferde Menschen tragen können, im doppelten Sinne. Damit können sie sehr glaubhaft sein, als halt gebende und zum anlehnende Therapeuten.

Das Pferd ist ein idealer Partner in der Therapie, denn es fordert den Menschen auf, seine Stellung zu beziehen und sich, zu sich selbst zu bekennen. Damit kann der Mensch seine eigene Position wiederfinden und in den Kern seines "Seins" zurückkehren. 
Das Pferd ist dazu in der Lage, weil es ein freies Lebewesen ist. Es lebt im Hier und Jetzt und in der Gegenwärtigkeit. In seiner ursprünglichen Urkraft vereinigt es, wie kaum ein anderes Wesen, Autonomie und Unabhängigkeit. Dazu hat es eine natürliche soziale Bezogenheit und Bindung. 

Seine Lebensgrundlage ist die Bewegung. Es lebt von der Freiheit und dem weiten Raum. Es kennt den Platz zwischen Führung und Unterordnung, wenn es in einer Herde leben darf. Es ist ihm angeboren spontan auf Gefahren zu reagieren. Dieser Fluchtreflex hat sein Überleben gesichert

Grundsätzliche Anmerkung
zu den Fallbeispielen

Wichtige Hinweise

Mit der Ausbildung zur Raidho Healing Horses Trainerin / Therapeutin und "Capitano" an meiner Seite, erlebe ich seit September 2017, eine neugewonnene Bereicherung in meiner psychotherapeutischen Arbeit. Doch gerade, weil ich so begeistert von dieser Arbeit mit Raidho in der Therapie bin, will ich sie mir erhalten. Ich bin daher sehr klar, zu welchem Zeitpunkt ich mein Pferd oder die Herde mit in die Arbeit einbeziehe. Das Pferd darf niemals missbraucht werden, weil ein Therapeut keine anderen therapeutischen Werkzeuge und/oder Ausbildungen hat. Ich achte ganz genau darauf und lasse mich von meinem ursprünglichen Gefühl immer leiten, wann der richtige Moment gekommen ist, das Pferd in die Therapie mit einzubeziehen. Der Einsatz von Therapiepferd(en) oder meinem Therapiehund, darf niemals zur Befriedigung scheinbarer Bedürfnisse, erfolgen. Ich prüfe daher immer meinen inneren Impuls, wenn ich im Laufe einer Therapie spüre, dass jetzt Sitzungen mit Capitano sinnvoll sind. 

Dies gilt ebenfalls, wenn es der Wunsch des Klienten ist, mit dem Pferd zu arbeiten. Dann gilt es für mich zu prüfen, wie der Klient bewusst oder unbewusst zu dieser Vorstellung gekommen ist.

Die Alltagsbeispiele aus meiner Praxis habe ich für diese Zertifizierung und als Beispiele meiner Arbeit für meine Website natürlich gründlich anonymisiert. Wenn sich jemand wiedererkennt, dann nur, weil er Verhaltensmuster wiedererkennt. Doch nichts davon ist erfunden oder zugespitzt. Es gibt ganz alltägliche Situationen, die dafür sorgen können, dass man in psychische Probleme hineinrutschen kann. Passieren kann es jeder und jedem und in allen sozialen Schichten. Meine Beispiele können daher Hilfen an die Hand geben, wenn Sie sich über Ihre Situation im Leben klarwerden möchten und wie aufgeräumt Sie sich gerade in Ihrem Inneren fühlen. Im halben oder im ganzen Leben.

Ich erkläre ausdrücklich, dass die Anwendung und die vorgestellten Maßnahmen aus meiner Praxis ohne eine fachlich qualifizierte Ausbildung nicht stattfinden sollten und auf eigene Verantwortung geschehen würden. 

Denn es kann belastend und gefährlich sein, ohne fachliche Begleitung, vor allem im Umgang mit dem Pferd, vielleicht Erinnerungen hervorzurufen, die nicht ohne Grund verdrängt und verborgen wurden. 

Meine Beispiele dienen ausschließlich der Illustration und damit zum Abbau von Schwellenängsten vor meinen Methoden mit mindwind-raidho ©. Weiterhin weise ich ausdrücklich darauf hin, dass zur Ausübung von Raidho, Hypnose, Körperpsychotherapie, sowie für alle genannten therapeutischen Mittel, unbedingt eine grundlegende und fundierte Ausbildung erforderlich ist.

Alle Angaben, Methoden und Übungen der Methode Raidho und mindwind sind sorgfältig erwogen und geprüft. Aber Wissen entwickelt sich weiter und Pferde und Hunde sind lebendige Wesen, sowie kräftige Tiere, auf die sich jeder, der mit ihnen umgeht, individuell einstellen muss. Sabina Hirtz übernimmt keinerlei Haftung für Personen-, Sach- oder Vermögensschäden, die aus der Anwendung der vermittelten und gezeigten Übungen entstehen. Alle Informationen sollen für die Teilnahme an Sitzungen, Ausbildungen, Workshops "mindwind / Raidho" eine Hilfe und Unterstützung sein. Jeder Teilnehmer wird angehalten, die Unbedenklichkeit der Übungen selbst sorgfältig für sich zu prüfen. Auch Gesetze müssen im Umgang mit Pferden, Hunden, bei ihrer Haltung im Reitsport/Therapie beachtet werden.

Psychotherapie

Fallbeispiel: Ramona

Ramona (15 Jahre) kam im Januar 2017 erstmalig in meine Praxis. Sie wurde von ihrer Tante Alexa begleitet. 

Vorgeschichte: 
Ramona lebt seit November 2016 bei ihrer Tante Alexa (44) und deren Lebensgefährten (45), die kinderlos sind. Ramona hat eine 8 Jahre ältere Schwester Maria, die bereits ein eigenes Kind (1) hat. Die Mutter von Ramona, Anna, ist im Alter von 42 Jahren, Anfang November 2016, plötzlich an einem Schlaganfall verstorben. Ramonas Mutter Anna war die jüngere Schwester ihrer Tante Alexa. Die Mutter von Alexa und Anna, also die Großmutter von Ramona, sowie deren Mutter starben ebenfalls in jungen Jahren, im Alter von 40 und 45 Jahren. Alexa und Anna bekamen eine Stiefmutter, die heute noch lebt. Die Familie kommt ursprünglich aus Italien.

Die Familie siedelte Mitte der 60iger Jahre von Italien ins Ruhrgebiet. Vater und Großvater von Alexa und Anna fanden dort Arbeit in den Bergwerken. Anna und Alexa wurden in Deutschland geboren. In der Familie gab es sehr viel Gewalt, Alkoholsucht und sexuellen Missbrauch (Inzucht).

Alexa erzählte mir im Vorgespräch, ohne die Anwesenheit von Ramona, dass sie glaubt, dass der Vater ihrer Schwester Anna, nicht ihr gemeinsamer Vater ist, sondern ihr Großvater. Alexa und ihre Schwester Anna verbrachten ihre Kindheit teilweise in der Großfamilie in Deutschland, aber auch bei Angehörigen in Italien und in deutschen Kinderheimen. 

Ende der 80iger Jahre siedelte die Großfamilie vom Ruhrgebiet in den Norden Deutschlands und eröffneten ein Restaurant.

Alexa ist selber seit Jahren in psychotherapeutischer Behandlung um die Erlebnisse aus Missbrauch, Einsamkeit und Verlassenheit zu bearbeiten. Ihre Schwester Anna hat Behandlungen immer abgelehnt. 

Ramona und ihre Schwester Maria haben den gleichen Vater, der seit 8 Jahren im Gefängnis ist. Er wurde verurteilt wegen sexuellem Missbrauch von Maria. Maria hatte ihren Vater, im Zuge einer Psychotherapie, angezeigt und er wurde verurteilt. Anna, Mutter von Ramona und Maria hatte einen neuen Partner, den Ramona als Stiefvater nicht akzeptiert. Das Jugendamt hat verfügt, dass Ramona bei ihrer Tante Alexa nun leben soll, da die ältere Schwester Maria selber unter Betreuung steht und die Verantwortung mit dem eigenen Kind und der kleinen Schwester nicht tragen kann.

Alexa erzählt mir im Vorgespräch, dass Ramona nun seit 3 Monaten in ihrem Haus ein Zimmer hat und sie völlig überfordert ist. Sie hat selber keine Kinder und ihre Partnerschaft droht zu zerbrechen, wegen dem Verhalten von Ramona. 

Alexa sucht nun Hilfe für Ramona bei mir, da sie bei Ramona Schnittwunden an den Armen und Beinen gesehen hat. Beim Aufräumen des Zimmers von Ramona hat sie Zigaretten gefunden und sie fürchtet, dass Ramona Drogen nimmt. Ramona geht nachts an den Kühlschrank und isst alles auf, was sie finden kann, um es dann wieder zu erbrechen. Ramona ist sehr dünn und wiegt bei 1,65m, 45kg. Gespräche zu den Themen: Aufräumen, Aggressionen, Wutanfälle, Essverhalten, Schulverweigerung, Rauchen und Ritzen, haben dazu geführt das Ramona mit Suizid ihrer Tante gegenüber drohte. 

Das Jugendamt sieht derzeit keine notwendigen Maßnahmen und spricht von "Eingewöhnungsphase" und "Grenzen austesten". Bei einem psychologischen Psychotherapeuten, spezialisiert auf Jugendliche, hat ein Vorgespräch stattgefunden und Ramona steht auf der Warteliste. Alexa ist jedoch so verzweifelt, da sie sich selbst noch in der Trauerphase um ihre Schwester Anna befindet, dass sie eine „Übergang Unterstützung“ für Ramona sucht. Alexa ist davon überzeugt, dass Ramona ebenfalls sexuellen Missbrauch durch den Vater erlebt hat, der aber nicht nachgewiesen werden konnte.

Beim ersten gemeinsamen Gespräch mit Alexa und Ramona sehe ich eine hübsche, zarte, mit langen schwarzen Haare, traurige Jugendliche. Die mir nach einigem Zögern erklärt, dass sie weiß warum sie bei mir ist und dass ihr aber sowieso niemand helfen kann. Ihre Augen streifen durch den Behandlungsraum und sagt dann „hier ist es richtig schön“ und sie fügt leise hinzu, ob sie bei den Terminen alleine, ohne die Tante sein darf. Noch im Vorgespräch frage ich sie eindeutig, ob sie den an die Tante geäußerten Suizid Gedanken ernst meint und wir vereinbaren einen Non-Suizid Vertrag. Dann einigen wir uns darauf, dass sie einmal wöchentlich zur Therapie kommt.

Kurze Beschreibung der ersten Therapiephase:
Im Rahmen der Trauer- und Traumarbeit stand für mich zunächst die Stabilisierung von Ramona im Vordergrund. Eingebettet in die therapeutische Beziehung habe ich begonnen ihr imaginative Techniken zu vermitteln. Visualisieren eines "sicheren inneren Ortes", "innere Helfer" und die imaginative Verankerung von Krafttieren, die jederzeit an ihrer Seite stehen, sowie das Einsetzen von guten und positiv besetzten Traumfiguren (Selbstobjekten). Dies führte Ramona im ersten Abschnitt der Therapie, in Kontakt zu ihren gesunden Anteilen. Damit konnte ich die Grundlage schaffen, um mit Ramona an der Reintegration von Gefühlen, Gedanken und Körperempfindungen, zu arbeiten. 

Wir arbeiteten unter anderem mit Musik- und emotional basierter Kunsttherapie. Das therapeutische Malen machte Ramona sehr große Freude. In der Gestaltung von Sandbildern konnte sie Inhalte zum Ausdruck bringen, die sie im verbalen Ausdruck nicht finden konnte. Zusätzlich nahm Ramona bei mir an einem interaktiven SkillsTraining für Borderline-Patienten teil. In dieser Zeit legte ich mit Ramona einen SkillsKoffer an, den sie immer bei sich trägt. Jede Sitzung begannen wir mit einem kleinen Ritual und einer meditativen Übung der Verwurzelung, welche sie täglich morgens und abends, mittlerweile selbständig und aus freiem Antrieb, auch zu Hause in ihrem Zimmer machte. Die Sitzungen erlebten auch Einbrüche. Ramona kam nicht zu Sitzungen oder viel zu spät, doch die therapeutische Beziehung wurde immer tragfähiger. Es gab Sitzungen, da sprach sie nur mit Timmy dem Therapiehund oder wir konnten uns nur über die "Living Puppets" unterhalten. Im Haus der Tante gab es immer wieder Streitigkeiten und Ramona wich dem aus, in dem sie, ohne Absprache mit der Tante, bei Freundinnen übernachtete. Ihre Tante versuchte mittlerweile, trotz aller Fortschritte in der Therapie, für Ramona einen Platz in einer betreuten Jugendgruppe bzw. Pflegefamilie zu finden. Ramona fühlte sich von der Tante verlassen. In der Schule gab es viele Auseinandersetzungen mit Mitschülern, Verweigerungen an Klassenarbeiten oder Projekten teilzunehmen und es gab Tage, da ging sie überhaupt nicht zum Unterricht. Tante Alexa merkte das zum Teil gar nicht, da sie vor Ramona, das Haus zur ihrer Arbeitsstelle verlassen musste, und abends erst nach 17 Uhr wieder zu Hause war.

Parallel startete dann die verhaltenstherapeutische Therapie bei einem psychologischen Psychotherapeuten. Ramona ging dort ungern zu den Sitzungen. Daher war die Tante bereit, die private Therapie für Ramona zu zahlen, so dass Ramona weiter wöchentliche Sitzungen bei mir wahr nehmen durfte. Der Kollege war einverstanden mit dieser doppelten Betreuung von Ramona, da sie bei ihm so gut wie gar nicht reagierte und kommunizierte.

In einer Sitzung Anfang September 2017 war Ramona in der Lage sich ihren Individualraum vorzustellen, einen Kreis in dessen Mitte sie stand. Sie konnte über ihre Ausatmung in die Visualisierung gehen, dass aus ihren Fußsohlen Wurzeln wachsen, über diese sie alle „doofen Energien“, abgeben konnte. Ramona konnte sich vorzustellen, sie wäre ein Baum, mit starken Wurzeln "bis ans andere Ende der Erde" und "kein Orkan" würde sie "umhauen". Es machte ihr richtig Freude und so war der richtige Zeitpunkt für eine Mediation: eine Reise zu einem Baum, der sie ist. Auf dieser Reise begegnete sie einem neuen Krafttier, einem Pferd, welches sie zu ihrem Baum führte. Sie saß auf dem Rücken des Pferdes und es führte sie durch diese Reise. Ramona hatte bereits öfters auf meditativen Reisen ein eigenes Zimmer imaginiert, in dem sie sich sehr angenehm, gemütlich und sicher fühlte. Zu diesem Zimmer hatte niemand anders Zutritt. Jetzt sah sie sich auf einem weiß-braunen Pferd, "wie Pippi Langstrumpf", einen Wald im Herbst durchqueren. Sie konnte den Geruch von frisch gemähten Gras riechen, den Wind in ihren Haaren fühlen und lachende Kinder hören. Ihr Zimmer stand immer für das Bedürfnis einen abgegrenzten Raum, nur mit Zugang für die inneren Helfer, zu haben. Jetzt entstand zum ersten Mal in der Therapie die Imagination von Natur. Diese Bilder von Wald, Wiesen, Bäumen und den Kontakt zur Erde, gaben ihr ein Gefühlt von Geborgenheit und Freiheit. Sie sprach von einer Verbundenheit mit dem Pferd. Sie malte in der Sitzung ihren Baum und das Pferd. Ich spürte, etwas ganz Besonderes, kam gerade in Bewegung. Es war zusätzlich etwas Magisches, denn mein Therapiepferd "Capitano" sollte am 10. September 2017, vom Gardasee, bei mir eintreffen. Ramona wusste nicht, dass ein echtes Pferd bald für die Therapie da sein würde.

Die Arbeit mit Raidho in der Therapie - Mitte September 2017:
Capitano war seit einigen Tagen bei mir und ich gab Ramona als erste Klientin, die Möglichkeit mit mir zu Capitano zu fahren. Ihre Tante war völlig begeistert, als ich um Genehmigung bat, denn Ramona hatte ihr zum ersten Mal über die Begegnung von Krafttieren aus den Sitzungen erzählt. Ramona konnte es kaum fassen, "ihr Pferd" kennenzulernen und das die Sitzungen ab sofort dort standen finden würden. Sie kaufte ihrer Tante Alexa einen Blumenstrauß und Schokolade als Dankeschön, dass sie diese Sitzungen machen durfte.

Bei den Sitzungen am Stall, begannen wir immer mit der Visualisierung des Individualraum und der Verwurzelung. Dann half sie mir anfänglich, Capitano zu putzen und zu pflegen. Wir beobachteten ihn auf der Weide und sie konnte erleben, wie Capitano in die Herde integriert wurde. Sie bereitete mit mir das Futter vor und säuberte mit Begeisterung den Unterstand. Sie füllte die Netze mit Heu und kontrollierte mit mir die Zäune und die Wasserstellen. Ramona begann eine Beziehung zu Capitano aufzubauen. Dann kam der Tag, an dem wir unsere ersten gemeinsamen kleinen Spaziergänge auf der Weide machten und bald schon den ersten Spaziergang in den Wald. Mir fiel auf, dass Ramona mehr und mehr in ihre Kraft kam. Wir hatten schon früher Spaziergänge von der Praxis aus in die "Lohe" gemacht, einem Naturschutzgebiet, direkt an der Praxis. Doch oftmals mussten wir nach kurzer Zeit umdrehen, da Ramona völlig erschöpft war. Nachdem zweiten, sehr langen Spaziergang mit Capitano durch den Wald, war ihr ganz besonders wichtig, das Futter für Capitano zu kontrollieren. Sie sagte mir, dass er jetzt „viele Vitamine und Mineralien braucht“, um in seine Kraft zu kommen. Sie berichtete mir, sie würde jetzt selber ganz besonders auf ihr Essen achten. Dabei erzählte sie stolz, dass seit Capitano da ist, sie regelmäßig isst und ganz "besonders gesund". Ende Oktober legte sie zum ersten Mal ihre Hände um den Hals von Capitano. Sie streichelte seine Mähne und stellte sich an den Körper von Capitano. 

Im November 2017 kommt es zu einem Einbruch. Ihre Tante Alexa hat vom Jugendamt die Nachricht erhalten, dass ein Platz in einer Jugendgruppe frei wird und will trotz aller Fortschritte bei Ramona, dass diese in die Jugendgruppe zieht.

Es folgt, dass Ramona bei dem „Hamburger Schmuddel Wetter“ nicht zu Capitano in den Stall gehen will und so machen wir wieder Sitzungen in der Praxis. Ramona legt sich in der folgenden Sitzung auf die Hängematte im Behandlungsraum. Sie erinnert sich an italienische Kinderlieder, die ihre Mutter ihr vorgesungen hat. Dann kamen Erinnerungen hoch, wie sie im Ehebett ihrer Mutter und ihrem leiblichen Vater schlief und dieser sie berührte. Sie möchte wieder zu Capitano in den Stall und fragte mich, ob Capitano sie tragen darf. Zum ersten Mal sitzt sie auf Capitano und er lässt es gerne geschehen. Sie überlässt sich den schaukelnden Bewegungen im Sitzen und legt sich dann auf Capitano. So trägt Capitano in einer umfassenden Energie, Ramona durch die Zeit der traumatischen Erinnerungen. Ramona fragt mich dabei, ob es Capitano dabei gut geht. Denn die Muskulatur von Capitano ist noch nicht optimal aufgebaut. Es ist eine berechtigte Frage von Ramona, die ich mir selber schon stellte. So beginne ich nach einem Magnetfeld Therapieset für Capitano zu suchen und kaufe ein System. Die physische Seite für Capitano unterstütze ich, zusätzlich mit einer speziellen Ernährung und leichte Bodenarbeit nach Michael Geitner (Dual Aktivierung). Im psychischen Sinne kann ich spüren, dass Beide, Ramona und Capitano, eine intensive Zeit ihrer traumatischen Erlebnisse, gerade gemeinsam bearbeiten. Ramona ist immer noch sehr dünn, so dass Capitano sie gut tragen kann. Capitano kann sie gut tragen und halten, auf allen Ebenen und im mehrfachen Sinne.

Das Wetter ist sehr unterschiedlich, Kälte, Regen, etwas Schnee und wieder wärmer. Der Reitplatz ist zum Teil leider unbrauchbar matschig und zum Teil vereist. So lasse ich im Dezember 2017, an einem wunderschönen sonnigen und kalten Tag, Ramona ein Pferd in der Wintersonne imaginieren. Wir stehen dazu zusammen mit Capitano auf der Weide, direkt am Tipi Zelt. Sie hat eine Hand auf dem Rücken von Capitano und ich lasse sie, aus ihren Füßen heraus, starke Wurzeln bis tief in den Boden wachsen. Capitano steht ebenfalls tief verwurzelt, im Hier & Jetzt, auf der Weide. Dann lehnt sich Ramona an Capitano, sie nimmt die Arme in die Höhe und lässt aus ihrem Rumpf heraus, einen stattlichen Baum aus sich herauswachsen, mit einer weit in den Himmel ragenden Baumkrone. Ich leite sie an, dass sie sich vorstellen kann, wie die Wurzeln sich einen Weg in die Erde suchen. Der Stamm des Baumes erhebt sich dabei bis zum Himmel, lässt seine Äste und Blätter im Wind bewegen. Ramona nimmt diese imaginative Kraft tief ein, schöpft dadurch Kraft und mein sehr sensibler Capitano bleibt dabei ganz still. Er steht regungslos da, senkt den Kopf dabei und atmet im Rhythmus von Ramona tiefer und tiefer, wird noch ruhiger und beide schließen gleichzeitig die Augen. Eine ganz kraftvolle Energie verbreitet sich und ich kann sie deutlich spüren.

In der nächsten Sitzung müssen wir wegen dem Wetter in der Praxis arbeiten. Ramona nimmt gerne mein Angebot an, die Erfahrungen aus der letzten Sitzung bei Capitano mit Knete, umzusetzen. Sie knetet eine menschliche Figur mit weiblichen Zügen, die eine zweite Figur harmonisch mit vereint. Sie hat dabei ihre Augen geschlossen. Die Form der Figur ähnelt einer Statue, die auf der Fensterbank meiner Praxis steht. Es fällt mir schwer diese energetische Arbeit mit Worten zu beschreiben. Es herrscht eine sehr ruhige und besinnliche Atmosphäre in dieser Sitzung. Ramona befand sich in einer ganz besonderen Kraft und schien die Imagination auf der Weide fortzusetzen. Mit ihren Händen, die die Knete formten, kam sie in einen sehr tiefen Kontakt mit sich selbst. Sie kam auf liebevolle Weise zu sich selbst und ihrem ganz jungen, verletzten "Ich" und brachte die Anteile in Harmonie. Ich konnte förmlich spüren wie sie auf eine neue, liebevolle Form in Berührung mit ihrer Weiblichkeit kam. 

Es kam dann die letzte Sitzung vor meinem Weihnachtsurlaub in 2017, und dort formulierte Ramona erstmals den Wunsch, bei der Tante ausziehen zu wollen. Sie überlegte, ob sie das Angebot der betreuten Jugendgruppe ab Januar 2018, annehmen wollte. Sie hatte jedoch Angst vor Ablehnung und möglichen Ärger mit anderen jugendlichen Bewohnern. Seitens der Tante, der pädagogischen Mitarbeiter der Schule und der Ämter entstand in dieser Zeit immenser Druck auf Ramona, die alle für den Umzug in die Pflegefamilie waren. Sie erzählte mir eine Geschichte, die sie geträumt hatte, wo die dortigen Pflegeeltern sie misshandeln und sie als Sklavin für die jüngeren Bewohner halten würden. Ich hörte ihr geduldig zu und versuche sie zu ermutigen in ihre Wünsche und Visionen zu gehen. Die Weihnachtstage verbringt sie mit Tante, deren Lebenspartner und ihrer Schwester mit kleiner Tochter. Ramona hat in diesen Tagen Geburtstag und wird Ende Dezember 16 Jahre. Der Umzug in die Pflegefamilie wird erstmal auf Februar 2018 verschoben.

Ab Mitte Januar 2018 arbeiten wir wieder mit Capitano. Sie darf Capitano an ein langes Seil nehmen und sie kann ihn mit ihrer Energie um sich kreisen lassen. Capitano dehnt sich dabei, geht im Schritt und lässt seinen Hals fallen. Capitano zeigt sich bei ihr sehr durchlässig und folgt der Energie. Sie kann ihn stoppen in dem sie sich in „ihre Wurzeln fallen lässt“. Sie macht die Erfahrung, dass Capitano vertrauensvoll ihrer Hand und ihrer Energie folgt. Dann gehen wir ins Tipi und machen ein wärmendes Feuer. Ich gebe ihr den Zeichenblock und Wachsmalstifte und sie malt sich neben Capitano, als bleiches, zerbrechliches, kleines Mädchen. Sie weint dabei. Ich zeige und erkläre ihr eine Matrjoschka. Matrjoschka, im Deutschen auch Matroschka oder irrtümlicherweise auch Babuschka-Puppe, sind aus Holz gefertigte und bunt bemalte, ineinander schachtelbare, eiförmige russische Puppen. Es handelt sich dabei um Holzpuppen, die auf Grund ihrer kleiner werdenden Größe so ineinander geschachtelt werden können, dass von außen nur eine Puppe sichtbar ist. Besonders gute Erfahrungen habe ich mit diesen Holzpuppen, in der Arbeit mit traumatisierten Klienten gemacht. Auf die genaue Arbeit mit den Puppen werde ich jetzt hier nicht eingehen, sondern es verkürzen. Während Ramona mit den Puppen spielt und sie auseinander baut und sage ich ihr, dass es nun vielleicht an der Zeit ist, dieses kleine Mädchen und das "innere Kind" liebevoll an die Hand und in die Arme zu nehmen. Wir überlegen gemeinsam, was das kleine Kind (bzw. die kleinen Kinder) vielleicht sonst noch brauchen könnten, denn Ramona kennt diese kleinen Kinder am besten. Ramona überlegt und spürt tief nach, wie und womit sie, für sich, und für die kleine Ramona gut sorgen könnte. 
Es entsteht für Ramona das Bild, dass es gut für "Beide" wäre, in die Pflegefamilie zu ziehen, da sie sich bei ihrer Tante immer wieder sehr klein, wütend und ohnmächtig elend fühlt. Sie zieht Anfang Februar in die Wohngruppe.

Sie darf weiter die Sitzungen bei mir machen und wir machen Spaziergänge mit Capitano, da der Reitplatz nicht zu gebrauchen ist. Ramona beginnt über die sexuellen Übergriffe durch den Vater zu erzählen. Wie er sich nachts an ihr Kinderbett geschlichen hat und sich neben sie legte. Ramona bekommt die Bilder, dass ihre Mutter es gesehen hat, aber ihr nicht geholfen hat. Zudem lebte damals bereits der letzte Lebenspartner ihrer verstorbenen Mutter in der Einliegerwohnung des Hauses und Ramona hat gesehen, wie ihre Mutter und dieser Mann miteinander sexuell verkehrten. Dann wurde der leibliche Vater verurteilt, kam ins Gefängnis und der andere Mann zog in die Hauptwohnung des Hauses. Ihr wird klar, dass viel Alkohol von den Erwachsenen getrunken wurde und diverse Männer und Frauen oft in der Nacht im Haus waren. Ihre größere Schwester war bei den Nachtaktivitäten anwesend. Ramona musste während der Grundschulzeit ohne Frühstück in die Schule, da die Mutter noch am Schlafen war. Ich vermute hier liegen die ersten Verbindungen zu der Essstörung von Ramona. Die Mutter legte ihr immer Geld auf den Tisch, damit sie sich in der Schule Essen kaufen konnte. Ramona kaufte damit meistens Süßigkeiten für die Schule und für den Tag. Es wird klar, dass hier die Ursache dafür liegt, nicht mit Lebensmitteln umgehen zu können.

Mittlerweile wohnt Ramona in der Pflegefamilie und teilt sich ein Zimmer mit einem anderen 16-Jährigem Mädchen. Die Pflegeeltern kümmern sich insgesamt um 8 Kinder, im Alter zwischen 4 und 17 Jahren. Es gibt klare Regeln und Aufteilungen der Arbeiten im Haus. Ramona berichtet mir, dass sie selbständig sehr gerne den Kochdienst übernimmt. Sie mag jedoch zwei der Mädchen in dem Haushalt nicht so gerne, da sie ihr zu "grenzüberschreitend" sind und verteidigt ihren Individualraum. Sie kann selbständig abklären, dass man an der Zimmertür anklopfen muss, bevor man die Tür öffnet. Sie lernt in Kommunikationen "Nein" in der Gruppe zu sagen, sich abzugrenzen und ihre Regeln aufzustellen.

Es ist jetzt Ende Februar / Anfang März 2018. 
In den letzten Tagen hat es hier im Norden viel geschneit, mit Temperaturen bis zu minus 15 Grad, in der Nacht. Capitano und der Herde kann man anmerken, dass dieses Wetter den Pferden zu schaffen macht. In kurzen Zeiten am Tag, dürfen die Pferde auf die schneebedeckten Weiden. Die Pferde im Offenstall sind alle sehr übermütig und geladen. Doch während der Sitzungen mit Capitano kann Ramona die Erfahrung ihrer Fähigkeiten machen, Position zu beziehen und sich bei Capitano bemerkbar zu machen. Sie fühlt sich von ihm verstanden, wenn sie ihn putzt und auf den Reitplatz führt. Sie wird von ihm gehört und sie macht die wichtige Erfahrung, dass mit einer klaren und sanften Willensbekundung, Capitano auf sie reagiert. Diese direkte Erfahrung mit Capitano, dass sie fähig ist, Position zu beziehen und sich bemerkbar machen kann, um damit etwas zu bewirken, ist gerade enorm wichtig.
In der Sitzung vor zwei Tagen, zeigt Ramona, wie sie gelernt hat, mit der eigenen inneren und äußeren Haltung, Capitano anzuhalten und die Richtung zu wechseln. Ich kann spüren, mit welchem klaren Kopf Ramona mit Capitano arbeitet. Ramona spürt ihre neuen physischen wie psychischen Kräfte. Sie ist dabei, diese neu gewonnenen Energien mit in die Konfliktsituation in der Wohngruppe zunehmen. Sie ist sehr klar und kann Position beziehen und geht den Dingen nicht mehr aus dem Weg.

Ramona ist weiterhin in Therapie bei mir (Stand März 2018)
Share by: